Die HERRSCHERIN im Tarot
Kreativität, Transformation, das unendliche Leben, Fülle, Reichtum, Souveränität, Yin und Yang
What you see:
Eine königliche Frau sitzt inmitten einer fruchtbaren Landschaft und lehnt sich entspannt in einen Thron zurück, der mit üppigen Kissen gepolstert ist. Sie trägt ein fließendes, rosafarbenes Gewand, das mit roten Rosen verziert ist. Sie fixiert uns mit einem ruhigen, klaren Blick und hält uns in ihrer rechten, aktiven Hand ein goldenes Szepter entgegen, dessen Spitze eine Kugel ziert, die an den Sonnenball oder einen Granatapfel erinnert. Sie trägt in ihrem blonden Haar eine Krone, die mit Lorbeerzweigen und 12 Sternen geschmückt ist. Ein herzförmiger Schild mit dem Zeichen Venus lehnt an ihrem Thron.
Willkommen im Reich der Herrscherin!
What you get:
In der Folge der großen Arkana, folgt die Herrscherin auf die Päpstin. Die beiden Arkana repräsentieren zwei grundlegende, machtvolle Archetypen der Weiblichkeit, die eng zusammengehören. Die heilige Quelle der päpstlichen Intuition schwillt mit der Herrscherin zum Fluss des Lebens an. Wir wechseln von der Introspektion in die Kreation.
Oh ja! In einer Legung erzeugt der Anblick der Herrscherin bei den meisten Fragenden leuchtende Augen. Kein Wunder! Die kraftvolle Herrscherin repräsentiert wunderschöne Qualitäten wie Fülle, Lust, Liebe, Erfolg, Lebendigkeit, Gesundheit, Fruchtbarkeit, Glück und Kreativität. Und zwar in wahrhaft übermenschlichen Portionen.
Doch wie bei allen großen Arkana birgt der Weg zu diesen wünschenswerten Gaben echte Herausforderungen. Wir müssen uns daran erinnern, dass es im Tarot nie darum geht, plump abzusahnen, sondern vielmehr darum, essenzielle Qualitäten zu verinnerlichen und zu verkörpern. Und gerade von der Herrscherin sollten wir uns nicht täuschen lassen. Sie mag sweet, relaxed und sogar harmlos wirken. In Wahrheit ist sie radikal, machtvoll und – in der leistungsorientierten Gegenwart, in der wir leben – disruptiv und hochpolitisch.
Also my dear, schnall dich an und lass uns die Karte und ihre Bedeutung genauer anschauen…
Die Herrschrein ist die große Künstlerin des Tarots und die Verkörperung des unendlichen Lebens. Sie führt dich zurück in deine souveräne Schöpferkraft und entspannte Selbstwirksamkeit.
Sie ist gerade keine selbstausbeuterische Kreativ-Arbeiterin, sondern eine fruchtbare Schöpferin. Und sie fordert auch dich auf, endlich von deiner zwanghaften Produktivität in den Zustand wahrer Kreation zu wechseln. „Hör auf, dein Leben zu managen, beginne es zu gestalten.“ In dieser Botschaft ist die Herrscherin radikal. Politisch. Und ziemlich sexy. Sie verkörpert das Prinzip von welken und werden. Sie agiert zyklisch, rhythmisch, antikapitalistisch. In einer Gesellschaft, in der die Propaganda des Mangels, dieses ständige „reicht noch nicht ganz“ uns kollektiv ins Burnout peitscht, erinnert dich die Herrscherin: Es gibt mehr als genug.
Auch wenn auf ihrer Karte Hochsommer und Erntezeit herrschen, fürchtet die Empress den Herbst und Winter nicht. Ihr Vertrauen ins Leben ist so groß, dass sie jederzeit bereit ist zu sterben, um wieder neu zu entstehen.
Sie übernimmt Verantwortung, anstelle von Kontrolle.
Die Kreativität der Herrscherin entspringt einer Haltung radikaler Präsenz und vollkommener Akzeptanz, dessen, was ist. Damit hilft sie uns, unsere Neigung zu fixieren, zu kontrollieren und zu konzeptualisieren aufzugeben, und den schöpferischen Prozess des Lebens nicht länger als Akt der Akkumulation und Optimierung zu betrachten. Stattdessen beginnen wir ihn als einen ständigen Prozess der Auflösung, der Transformation und des „Sterbens“ zu verstehen.
Auf diese Weise weist sie – die Karte Nummer drei – bereits auf ihr Counterpart, das namenlose Arkanum Nummer dreizehn voraus, das wir als den „Tod“ kennen. Drei und dreizehn verhalten sich zueinander wie zwei Seiten ein und derselben Münze. (Alejandro Jodorowsky und Marianne Costa erklären im Weg des Tarots den inneren Zusammenhang zwischen den Zehnerpaaren, die das Thema des niedrigeren Arkanums wie auf einer höheren Oktave als Echo zurückwerfen. Zum Beispiel Narr (0) und Rad des Schicksals (X), Papst (V) und Turm (XV), oder Wagen (VII) und Stern (XVII).)
Aktion statt Reaktion
Die Kissen bedeuten also nicht, dass Du dich mit der Herrscherin auf die faule Haut legen sollst und darauf warten, dass die Trauben, dir in den Mund wachsen und die Taler dir in den Schoß fallen. Die Herrscherin ist nicht das Mädchen aus Sterntaler, sie ist eine erwachsene, potente Frau*. Die Kissen, auf denen sie ruht, erinnern dich an die Fähigkeit und Notwendigkeit, aus dem Survival-Mode und inneren Hustle herauszukommen und dich tief in den gegenwärtigen Moment hineinzuentspannen. Mach Yoga-Nidra oder ein Sabbatical. Meditiere, atme, erde, und zentriere Dich in deiner Souveränität.
Und ergreife dann das stolze Szepter deiner Initiative und Handlungskraft. Und zwar gerne ganz pragmatisch. Denn aus ihrer Erdung heraus, hat die Herrscherin es nicht mehr nötig, ängstlich auf den perfekten Moment, die ideale astrologische Konstellation oder den richtigen Song zu warten. Sie folgt vielmehr der handfesten Devise, die Theodor Roosevelt prägte:
“Do what you can, with what you've got, where you are.”
Szepter und Kissen. Phallus und Yoni. Yin und Yang. Ruhe und Tat. Die Queen des Tarots verkörpert zugleich dem befruchtenden, kreativen Impuls und das daoistische Prinzip des Wu Wei, „Handeln durch Nichthandeln“. Es bedeutet nicht, untätig zu bleiben, sondern den Potentialen die Möglichkeit zu geben, sich zu entfalten, oder anders ausgedrückt, dem natürlichen Lauf der Dinge, dem Kreisen des Kosmos zu folgen.