Der TOD im Tarot

Befreiung von Prägungen und Zwangsvorstellungen. Zukunft. Erneuerung. Krise. Loslassen. Essenz. Erleichterung. Klarheit. Freiheit.

what you see:

Das Arkanum Nummer XIII zeigt eine Gestalt in schwarzer Rüstung, die auf einem weißen Pferd von links ins Bild hineinreitet. Mit der rechten Hand zügelt sie ihr Pferd mit den feurigen, rotglühenden Augen. In ihrer Linken trägt sie eine schwarze Fahne, auf der eine weiße, fünfblättrige Rose blüht. Der Reiter hat sein Visier hochgeklappt und offenbart seinen nackten Schädel. Es ist der Tod selbst.

Seinen Weg säumen Tote. Unter den Hufen des Pferdes liegt ein König niedergestreckt am Boden, ein Junge und ein Mädchen sinken gerade zur Erde, während ein Bischoff in goldenem Ornat noch um Erbarmen fleht. Doch sein Bischofsstab, der bereits am Boden liegt, zeigt, dass der Prozess unaufhaltsam ist. Im Hintergrund sehen wir Wasserfall, der in einen Fluss mündet, auf dem ein Schiff segelt. Dahinter zwei Türme, zwischen denen am Horizont die Sonne aufgeht.

Im ältesten Tarot das wir kennen, dem Tarot de Marseille (links), hat das 13. Arkanum eine Zahl, aber keinen Namen. In späteren Varianten wie dem Rider Waite Tarot (rechts), auf das ich mich in diesem Blog oft beziehe, trägt die Karte den Namen “Tod”.

what you get:

Seien wir ehrlich, my dear: Der Tod ist definitive eine dieser Karten, bei denen wir denken “Oh, vielleicht nochmal neu mischen.“ Ihr Anblick kann in uns ein mulmiges Gefühl wecken oder uns sogar einen kleinen Schrecken einjagen: „Is this the end?“ Nein, das ist ein großes Missverständnis, denn in Wahrheit geht es nicht ums Sterben. Tatsächlich ist der Tod im Tarot eine Karte, die dich mehr als jede andere in die ZUKUNFT und in den KERN deiner LEBENDIGKEIT führt.

Der Tod markiert nicht das Ende deines Prozesses, sondern er würdigt die Tatsache, dass Du es an die Schwelle zum Neuen geschafft hast! Deine bisherigen Entscheidungen haben Dich in deiner Frage an einen wichtigen Punkt geführt. Diese Karte weist dich darauf hin, dass es nun an der Zeit ist, dich von beengenden Vorstellungen zu befreien und aus deiner inneren Wahrheit heraus zu erblühen.

Das klingt doch schon besser, oder? Also lass uns dem Tod seinen Schrecken nehmen und dieses machtvolle Arkanum ein bisschen besser verstehen…

Dazu schauen wir uns am besten an, wer oder was auf dieser Karte eigentlich stirbt und vergeht. Im Tarot de Marseille, dem ältesten Tarot, das wir kennen, liegen zu Füßen des Todes ein männlicher und weiblicher Kopf, die die Archetypen von König und Königin, von Mutter und Vater symbolisieren. Auf dem Rider Waite Tarot sind es ebenfalls ein König, ein Bischoff und zwei Kinder.

Befreie dich von inneren Autoritäten!

Übersetzt bedeutet das so viel wie: Was jetzt vergehen darf, sind die inneren Autoritäten, denen Du dich immer noch in kindlicher Weise beugst. Der Tod räumt mit den uralten Glaubenssätzen, Dogmen, Regeln, und den vermeintlich unumstößlichen Wahrheiten auf, die uns Familie, Tradition, Gesellschaft, Schule, Staat, Religion etc. eingebläut haben und die – gerade, wenn sie unbewusst bleiben – äußerst wirksam in uns sind.

Hier ein paar Kostproben: „Eigenlob stinkt.“ „Arbeit ist hart.“ „Man muss stark sein.“ „Gefühle sind Privatsache.“ „Davon kann man nicht leben.“ „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ „Jungen weinen nicht.”

Gerade weil wir solche und andere Sätze für „normal“ halten und früh und unbewusst gelernt haben, steuern sie als fixe Vorstellungen und implizite Tabus unser Tun und Verhalten maßgeblich. Sie ziehen die engen Grenzen dessen, was für uns denkbar und vorstellbar ist. Das merken wir immer dann, wenn wir diese Grenzen berühren oder überschreiten wollen, und uns plötzlich in unserem Grundbedürfnis nach Liebe und Zugehörigkeit, bedroht fühlen.  

Das ist ein existenziell. Wir glauben in diesem Moment: „Wenn ich das jetzt sage, tue, zugebe, zeige, oder beende … geht es mir an den Kragen. Dann werde ich ausgeschlossen. Dann verliere ich Partner*innen / Freund*innen / Follower*innen / Kolleg*innen … Dann kann ich mich hier nicht mehr blicken lassen.“  Die Angst kann uns in diesem Moment die Kehle zuschnüren.

Die Bedingungen der Liebe…

Der Tod hat also eine soziale und tiefenpsychologische Komponente. Denn tatsächlich kommt der Ausschluss aus unserer sogenannten Primärgruppe – unserer Ursprungsfamilie – für uns als Kind einem Todesurteil gleich. In dieser frühen und sehr von Abhängigkeiten geprägten Phase unseres Lebens können wir es uns schlicht nicht leisten, gegen die ungeschriebenen Regeln unseres Clans zu verstoßen. Um uns die überlebenswichtige Liebe und Fürsorge zu sichern, vollbringen wir stattdessen Anpassungsleistungen, die uns später aber daran hindern können, das Leben, das uns entspricht, zu führen. Wir opfern einen Teil unserer Identität und Lebensenergie und verschieben die Gaben, Eigenschaften und Wesenszüge, die uns inakzeptabel erscheinen, in den sogenannten Schatten.

Der Tod konfrontiert dich mit den Bedingungen der Liebe, die dich fesseln und davon abhalten, erwachsen, selbstwirksam und in Übereinstimmung mit deinem Persönlichkeitskern zu handeln. Er kommt nicht, um dich zu vernichten, sondern im Gegenteil, um deine Lebenskraft zu wecken und die bedeutsamen Teile deines Selbst, die Du in den Schatten verbannt hast, zu befreien.

Er hat sein Visier hochgeklappt, damit Du die Vergänglichkeit deiner alten Überzeugungen klar erkennen kannst:

„Dies ist vorbei. Du bist kein Kind mehr. Diese Wahrheit, dieser Glaube, diese Grenze und dieses Verhalten gehören der Vergangenheit an. Sie sind längst gestorben und verhindern trotzdem noch dein Leben. Genau das, was Du für verboten und inakzeptabel hältst, ist der Bereich, wo Du endlich wachsen und freier werden kannst.“

Insofern stirbt also doch etwas. Aber nicht das, was Du liebst, sondern die unbewussten Bedingungen und Zwangsvorstellungen, die die kraftvolle und mühelosere Entfaltung deiner Lebensenergie verhindern.

Es mag uns überraschen, aber tatsächlich sind Herrscherin und Tod eines der großen Traumpaare des Tarot. Wie Winter- und Sommersonnenwende umarmen die Arkana Nummer III und XIII den ganzen Zyklus des Lebens.

Erobere Dir deine Zukunft zurück…

Die Tarotkarte ist auch deshalb so beeindruckend, weil der Tod – zumindest im Rider Waite Tarot – in der klassischen und sehr machtvollen Pose des Eroberers im Triumphzug, einreitet. Seine Bewegungsrichtung ist von links nach rechts, was die Kunstgeschichte als Bewegung von der Vergangenheit in die ZUKUNFT interpretiert.  

Auf seinem Banner blüht eine fünfblättrige Rose, ein Symbol der Venus, das den Tod mit der Herrscherin verbindet. Also dem Arkanum, das wie kein anderes deine Werte, Fülle, Souveränität, deine Liebe und Lebenskraft verkörpert.

Wie Winter- und Sommersonnenwende umarmen die Arkana Nummer III (Herrscherin) und XIII (Tod) den ganzen Zyklus des Lebens. Gemeinsam halten sie den Raum für das, was wir in der körperorientierten Psychotherapie den autonomen Puls nennen: Die Bewegung des Lebens zwischen Kontraktion und Expansion, Ebbe und Flut, Fülle und Leere, Introversion und Extraversion.

Entschiedenheit und Essenz

Um in diesem Puls leben zu können, braucht es etwas, das der Tod auch repräsentiert: nämlich Substanz, ein starkes Skelett, Rückgrat, Struktur, ein waches Bewusstsein für deine Essenz. Daher taucht das Arkanum Nummer 13 häufig dann auf, wenn Du dich vielleicht etwas verloren fühlst oder Dinge verfolgst, die in Wahrheit gar nicht zu Dir passen.

In der Fülle der Möglichkeiten und Optionen hilft das Arkanum dir, immer wieder zu erkennen, was Du bist und was Du nicht bist. Wer versucht, sich immer alles offen zu halten, verpasst sein eigenes Leben. Der Tod erinnert dich daran, dass Du keine Jukebox bist. Dein Leben hat eine ganz eigene Melodie, ein Leitmotiv. Hör also besser damit auf, auf anderen Hochzeiten zu tanzen als auf deiner eigenen…

In mir persönlich ruft das unkonventionelle Traumpaar aus Herrscherin und Tod immer auch Erinnerungen an meine Zeit als Gärtnerin in den Bergen wach. Dort habe ich den Zusammenhang von Kultivieren und Selektieren erst so richtig verstanden. Denn die Menge an Pflanzen, die ich gesät und gefördert habe, ist gering im Vergleich zu den unzähligen Pflanzen, die ich dafür gejätet, entwurzelt, ausgerissen, zersägt und zerschnitten habe. Wir schufen das Paradies nicht, indem wir mit Samentüten, Dünger und Gießkannen wedelten. Das Wachstum passiert von allein. Die Werkzeuge der Gärtner*innen sind Messer, Scheren, Hacken, Spaten, Sensen, Klingen und Sägen, …

Damit dein Leben nicht einfach nur vor sich hin wuchert, sondern wächst, blüht und gedeiht, braucht es ein Bewusstsein für das Wesentliche und konsequente Entscheidungen, die dazu passen. Das klingt erwachsen. Radikal. …vielleicht fast ein bisschen todesmutig…

Also, wach auf, my dear! Erkenne, was Du wirklich bist und liebst, und mach Platz für deine Zukunft!

I promise, death is on your side!
Deine INSA

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